Imagens das páginas
PDF
ePub

Offiziere vom Regimente I.amark unter den Bäumen spazieren gehen, von denen der eine noch sehr jugendlich aussah. Si c'etoit mon fils, sagte der Herr von Launay, und wandte sich zugleich mit der Frage an die drei Herren: Messieurs, connoissez vous peut être le jeune de Launay? C'est moi! sagte der junge Mensch; und im nemlichen Momente schlofs ihn der Vater mit den Worten: Je suis ton pere! in die Arme. So lange ich lebe, wird dieser schöne und rührende Auftritt mir wohlthätig in der Erinnerung bleiben.

Wir kamen im Hotel von St. Omer an, als man sich eben zu Tische setzen wollte. Einer von der Gesellschaft, die gröfstentheils aus Offizieren bestand, erzählte, gleichgültig wie man von Regen und Sonnenschein spricht, es sei zwischen den Regimentern Lamark und Bourgogne zu Thätlichkeiten gekommen und es wären auf beiden Seiten einige Mann geblieben. Wir giengen nach dem Essen an den Ort, wo die Schlägerei vorgefallen war. Noch lagen die Körper der Getödteten zur Schau, und man

I

schien mit Anblicken dieser Art schon so vertraut zu seyn, dafs die meisten Vorübergehenden kaum eine Sekunde dabei verweilten. Der Streit wurde durch die Aeufserung einiger Soldaten von Bourgogne veranlasst, dass das Regiment Lamark aus lauter gemietheten Aristokraten bestehe.

Hier hatte

Wir stiegen zur Burg hinauf. Jourdans Rotte kürzlich Greuelthaten verübt, die in der Geschichte ohne Beispiel sind. und hoffentlich ewig bleiben werden. Das Blut ihrer Schlachtopfer war durch die ungeheuren Säle geströmt, wo unter dem weichlichen Pabste Klemens VI. nur der Jubel üppiger Gelage von den hohen Gewölben zurückhallte, und wo dieser Statthalter Gottes die dreifache Krone, sammt den Schlüsseln des Paradieses, zu den Füfsen der schönen Vikomtesse von Türenne niederlegte.

Von den Unmenschlichkeiten der Jourdanischen Horden haben wir kaum die Hälfte durch die öffentlichen Blätter erfahren. Ein hiesiger Kaufmann, den ich für einen

glaubwürdigen Augenzeugen halte, erzählte mir die gräfslichen Schicksale einiger Einwohner dieser unglücklichen Stadt. Die zum Tode bestimmten Schlachtopfer wurden mit raffinirter Grausamkeit, unter kannibalischem Frolocken, oft Tage lang gemartert, und zulezt, nicht selten noch lebendig, in den Eiskeller gewor fen. Eine Mutter sah ihre zwölfjährige Tochvor ihren Augen, erst auf die unerhörteste Art mishandeln, und dann, an Händen und Füssen verstümmelt, in den Abgrund stürzen. Bald wurde sie, eben so gemifshandelt und eben so verstümmelt, mit dem Leichname ihrer Tochter vereinigt. Es ist erwiesen, dafs beide noch am Leben waren, als sie nach dem Eiskeller geschleppt wurden. Sed manum de tabula, Nach der Verhaftung Jourdans und seiner Mitschuldigen, wurden die Leichname der Gemordeten aus der Eisgrube hervorgezogen und feierlich zur Erde bestattet. Die schauderhafte Beschreibung dieses Leichenbegängnisses, wird dir noch aus dem Moniteur erinner

lich seyn.

Die Avignoner leben in unaufhörlicher Furcht seit der Drohung der Marseiller: Jourdan und seine Genossen mit gewaffneter Hand wieder in Freiheit zu setzen. Fast alle vornehme Familien sind ausgewandert, und die schönsten Häuser der Stadt sind men

schenleer.

Die Franziskanerkirche wird, seit der darin vorgefallnen Mordscene nicht mehr geöffnet ; ich konnte also Laura's Grabstätte nicht besuchen.

[ocr errors]

Ganz mit Entsetzen und Abscheu erfüllt, machte ich einen Spaziergang am Ufer der Rhone und las, um die mir vorschwebenden Greuelbilder zu zerstreuen im Petrarka. Das Sonnett: Dodeci Donne, brachte das Bild einer Lustfahrt vor meine Seele, welche Laura mit zwölf andern Damen in einer Barke, die der Dichter mit der Argo vergleicht, den Flufs hinunter machte. Weil man auf der reissenden Rhone nur langsam Stroman gezogen wird, kehrten sie auf einem Karren, dem allein üblichen Fuhrwerke jener Zeiten, den die Ein

bildungskraft des begeisterten Sängers in einen Triumphwagen verwandelt, nach der Stadt zurück. Laura safs bescheiden in einer Ecke, und sang mit süfser Stimme ihren Freundinnen ein Lied. Diese Vorstellung versezte mich in die vergangnen Jahrhunderte. Ich gedachte

des ersten Wiederaufblühens der Dichtkunst unter diesem schönen Himmel, nach der langen Nacht der Barbarei, durch die Troubadours, welche an den Höfen der Fürsten und in den Schlöfsern der Grofsen ihre Vaudevillen, Madrigale und Tenzonen absangen, und den Liebestribunalen ( Cours d'amour) ihr Daseyn gaben, wo in den poetischen und galanten Streitfragen dieser Dichter, von den schönsten und geistvollsten Damen des Landes Recht und Urtheil gesprochen wurde.

Beim Zurückgehen nach dem Wirthshause, folgte ich ganz mechanisch einer Menge von Menschen, welche durch irgend ein ungewölnliches Schauspiel in Bewegung gesezt zu werden schienen. Auf meine Fragen: Wohin? und warum? bekam ich zur Antwort: Nach

« AnteriorContinuar »