1 1 einer völlig gleichen Veranlassung auf dieselbe Art darstellt. Dafs nach diesen Bemerkungen nun auch die Erklärung des Chrysostomus von den Worten ἐάν τις αυτῷ νομίμως χρῆται, die der Verf. selbst anführt, ihren bequemen Sinn habe, bedarf keines weitern Beweises. Denn offenbar ganz im Geist jener obigen Paulinischen Äusserungen ist es gesprochen, wenn es heifst, 8τω καὶ νόμῳ νομίμως χρή ται ὁ μὴ διὰ τὴν ἐκ τῶν γραμμάτων ἀνάγκην σωφρονῶν, ὁ εἰδῶς, ὅτι ὁ δεῖται αὐτῶ, ὁ μὴ καταξιῶν ἀπ ̓ αὐτε παιδεύεσθαι. Unstreitig will Paulus mit diesem voμίμως χρῆται keine Verbindlichkeit andeuten für den ächten Gläubigen des neuen Gottesstaates; denn dem wird gleich in den folgenden Worten, ὅτι δικαίῳ νόμος & κεῖται, ausdrüklich widersprochen. Sondern das νομίμως χρῆσθαι τῷ νόμῳ scheint hier in der dem Sprachgebrauche nach nicht ungewöhnlichen Bedeutung, "eine Sache richtig würdigen, aus dem richtigen Gesichtspuncte auffassen," zu stehen, Paulus will sagen: Allerdings wird das Gute und das Zwekmässige des Gesezes niemand in Zweifel ziehen, der dasselbe nur aus dem richtigen Gesichtspuncte seiner gesezlichen Verbindlichkeit (νομίμως) betrachtet; und eben dieser ist kein anderer, als die Überzeugung, dass nicht dem schon Gebesserten und von einem besseren Geist Beseelten, sondern nur dem Geistesschwachen und von der Sinnlichkeit Beherrschten ein Gesez aufzulegen nöthig war. Und eben darum ist auch das Gesez καλός, gut und zwekmässig. Es war nothwendig, um als Damm der Rohheit der Vorfahren und aller ihnen an Gesinnung ähnlichen Nachkommen entgegengesezt zu werden, ein GeH5 dan danke, der auch Röm. 7, 12. ausgeführt ist. Wird man, die Stelle so gefasst, noch länger dem Verf. Recht geben können, dass v. 9. 10. ihrem Inhalt nach etwas völlig triviales, und zur Sache nicht gehöriges enthalten, und dass überhaupt in dem Gesagten kein Grund zu einer Paulinischen Widerlegung der Judaisirenden gelegt sey? Die nächsten Einwürfe des Sendschreibens betreffen nun das völlige Stillschweigen des Briefstellers über die Art, wie Timotheus den Irrlehrern sich entgegensezen solle. Der Verf. bemerkt mit Recht, dass Paulus seinen angeblichen Zwekk ganz vergessen haben müsse, da weder hier, noch v. 19 noch c. 4, 1. dem Timotheus sein Betragen gegen die Irrlehrer angewiesen, sondern vielmehr dazwischen sehr ausführlich vom Gebet und von Aufsehern und Gemeindienern gehandelt werde. Er hält alles dies für schlecht vereinbar mit der v.3. angegebenen Hauptabsicht, warum Paulus den Timotheus zu Ephesus zurükgelassen habe, und ist eben darum geneigt, den Brief dem Apostel als Verfasser abzusprechen, als von dem unmöglich ein solcher, zum Ganzen so wenig passender Eingang herrühren könne. Hier muss ich mich auf dasjenige berufen, was oben über diese Irrlehrer zu Ephesus, und über ihr Verhältnifs zu unserem Brief ausgeführt ist. Geht man nur von der, keineswegs aus der Luft gegriffenen, sondern durch den Inhalt des Briefes selbst und die Nachrichten der Apostelgeschichte wahrscheinlich gemachten Voraussezung aus, dass es keine Irrlehrer waren, die der Apostel als Störer der Ruhe in der Gemeine wirklich zurükgelassen hatte, sondern dern nur die Besorgnifs, es möchten einige, schon früher von ihm zum Stillschweigen gebrachte, jezt aber durch seine Abreise, und die Jugend des Timotheus dreist gemachte Friedensstörer von neuen auftreten, und ihre alten Verfuhrungen wieder anfangen: so wird man es sehr begreiflich finden, theils wie Paulus mit diesem, was damals seiner Phantasie wol am meisten vorschweben mochte, sein Schreiben eröfnen, theils in der Folge noch öfter darauf zurükkommen konnte. Damit stimmt auch ganz die Art überein, wie dieser Irrlehrer Erwähnung geschieht. Der Verf. selbst bemerkt, dass Paulus 4, 1. und 6, 5. erst von später zu erwartenden Irrlehrern, und dem, was Timotheus lehren solle, rede, um die Christen im voraus gegen sie zu befestigen. Ganz so wie Act. 20, 29. in der Rede an die Ältesten, wo gleichfalls nur künf tige Irrlehrer angekündigt werden. Diese Besorgnis kann keinen andern natürlichen Grund in der Seele Paulus gehabt haben, als dass schon früher während seines Aufenthalts zu Ephesus ihm dergleichen Irrlehrer viel zu schaffen gemacht haben müssen, die er freilich damals zum Verstummen gebracht, von denen aber bei dem Eintritt äusserer ihren Absichten günstiger Umstände und Verhältnisse in der Ephesischen Gemeine, doch immer manches zu fürchten übrig blieb. Darum eben wird dem Timotheus auch nur die allgemeine Vorschrift gegeben, sich mit ihnen, soviel als möglich, gar nicht einzulassen, eine Maassregel, die ganz der blofsen Besorgnis entspricht, jene Leute möchten es versuchen, mit ihren Logomachien und eiteln Dissertationen wieder hervorzu 1 1 treten, und wodurch Paulus jeder weitern Reizung derselben von Seiten des Timotheus weislich vorzubeugen sucht. Eine nähere Erklärung über das Betragen zu geben, das Timotheus gegen sie beobachten solle, konnte unmöglich damals dem Apostel einfallen, da für ihn ein Anbinden derselben mit Timotheus selbst nur noch in Gedanken, also problematisch existirte, und da ausserdem so manche andere Puncte zu erörtern übrig waren, über die er seinem Freunde eine nähere Instruction mitzutheilen im Sinn hatte; überdiess auch das ganze Schreiben mit sichtbarer Eile abgefasst ist, wo also nur abgerissene und rhapsodische Gedanken, keine planmässige Ausführungen erwartet werden dürfen. Wer nach diesem Gesichtspunct die Stellen betrachtet, worin in unserem Briefe von den Irrlehrern gehandelt wird, dem wird weder der Zusammenhang derselben mit den übrigen Materien, die der Brief abhandelt, unnatürlich und gezwungen erscheinen, noch wird er geneigt seyn, diese Stellen selbst nur für müssige Füllstükke zu erklären, von denen sich in dem Ideengange des Apostels selbst gar kein Grund wahrscheinlich machen liesse. Was der Verf. aus der Ähnlichkeit dieser Stel Jen mit Tit. 3, 9. und II. Tim. 2, 23, schliessen will, dass nemlich diese nur schlecht aus jenen Briefen in den unsrigen zusammengetragen seyen; wird Er selbst schwerlich im Ernst behaupten wollen, wenn Er auf die noch grössere Ähnlichkeit dieser beiden Stellen selbst unter sich Rüksicht nehmen will, wo also auf einen dieser beiden Briefe völlig derselbe Schluss anwendbar seyn würde. Überhaupt stehe 1 stehe in dieser Hinsicht hier nur eine allgemeine Bemerkung, die auch auf manche noch folgende Fälle Anwendung leiden wird. Die zweklose Composition des Machwerkes ist es, die der Verf. nicht allein hier, sondern auch anderswo aufzudekken sich bemüht, und wodurch Er am meisten seine Behauptung von der Unächtheit des Briefes rechtfertigen will. Aber ganz die Frage bei Seite gesezt, ob würklich diese Zweklosigkeit in der Zusammenstellung des Ganzen sichtbar ist, und aus genugthuenden Gründen nachgewiesen werden kann, was will der Verf. aus dem Compilator selber machen, welchen Zwekk der Compilation will Er ihm unterlegen, ihm, der sich so schlecht auf das Zusammentragen verstanden hätte? Einen Zwekk müsste er doch sicher gehabt haben, denn um nichts und wieder nichts giebt man sich nicht leicht die Mühe, aus zwei Briefen einen dritten mit Mühe zusammenzuschreiben. Warum ist dieser Zwekk, wie es nicht anders seyn sollte, nicht gleich anfangs vom Sendschreiben anzugeben versucht worden, wodurch die ganze Anklage Haltung und Festigkeit bekommen hätte? Doch diese Bemerkung ist zu wichtig, als dafs ihr nicht noch nachher eine eigne, von diesen Untersuchungen unabhängige Ausführung gewidmet werden sollte. Das Sendschreiben macht im zunächstfolgenden auf eine andere Eigenheit des Briefes aufmerksam, die ihn von allen übrigen Paulinischen allein schon wesentlich unterscheiden soll. Diese besteht in dem Umstand, dass sich der Briefsteller oft ganz unerwartet aus seinem Gegenstande herauswerfen lasse, auch wol fortgesezt immer wei ter 1 1 1 |